Europäische Einlagensicherung – Moral Hazard par excellence

Die Ideen zur europäischen Einlagensicherung sind gefährlich. Sie unterstützen Moral Hazard und sorgen so für mögliche Verzerrungen innerhalb der EU. Dieser Aspekt wird von der Politik scheinbar ignoriert. Doch nur weil man Probleme ignoriert, heißt es nicht, dass sie nicht da sind.

Um meine Grundidee nachzuvollziehen, bedarf es der Definition von Moral Hazard. Denn diese Versuchung sehe ich durch eine mögliche europäische Einlagensicherung auf uns zukommen.

 

Was ist Moral Hazard?

 

Moral Hazard oder auch moralische Versuchung bedeutet, dass aufgrund von ökonomischen Fehlanreizen Risiken verstärkt werden können. So kann ein Manager auf die Idee kommen, erhöhte Risiken einzugehen, weil er bei vorzeitiger Vertragsauflösung mit einer vertraglichen dicken Abfindung rechnen kann. So muss er die Auswirkungen der zum Tragen kommenden Risiken nicht in der eigenen Tasche spüren. Sollten die eingegangenen Risiken sich aber auszahlen, so profitiert er durch Zusatzzahlungen oder einer Vertragsverlängerung mit dem Geniebonus.

An diesem Grundproblem krankt unsere Gesellschaft schon länger. Doch was hat Moral Hazard nun mit der geplanten (und wohl nicht mehr zu verhindernden) europäischen Einlagensicherung zu tun? Zur Veranschaulichung erschaffen wir ein Beispiel.

 

Das europäische Bankgeschäft ohne europäische Einlagensicherung

 

Stellen wir uns vor, dass wir ein europäisches Bankhaus sind. Um die Sache nicht zu verkomplizieren, nehmen wir an, dass wir die Einlagen der Kunden die uns vertrauen in Staatsanleihen unseres Landes anlegen. Dieses Geschäft können wir im großen Stil betreiben, da wir diese Art der Geschäfte nicht mit Eigenkapital unterlegen müssen, selbst wenn bekanntlich reale Risiken existieren. Nun nehmen wir weiterhin an, dass es unserem Land schlecht geht. Wie wirkt sich dieser Umstand auf unser Bankgeschäft aus?

Die Kreditzinsen für den Staat steigen und so steigen auch die möglichen Erträge der Bank, die dem Staat regelmäßig Anleihen abkauft. An dieser Stelle können wir als Bank nun die Zinsen auf Einlagen erhöhen, um so noch mehr Kundeneinlagen anzuziehen.

Die Kunden werden also, je schlechter es unserem Schuldner dem Staat geht, durch immer bessere Zinsen verwöhnt. Allerdings gab es bisher am Markt immer einen Mechanismus der verhindert hat, dass dieses Spiel immer weiter fortgesetzt werden konnte.

Dieser Mechanismus war das zu erwartende Risiko im Vergleich zum Ertrag, welches Sparer und Investoren abzuwägen hatten. Eine Bank die im großen Stil das Risiko und damit die Erträge steigerte, wurde vom Markt kritischer gesehen und nach und nach lief dem Institut dann die Refinanzierungsquelle (die Kundeneinlagen) davon. Ein deutscher Anleger hatte daher nur bedingtes Interesse bei einer ausländischen Krisen-Bank große Einlagen zu unterhalten. Immerhin musste er im schlimmsten Fall mit dem Verlust der Einlage rechnen.

Doch was passiert nun, wenn es eine einheitliche europäische Einlagensicherung gibt, die 100.000 Euro Spareinlage in jeder EU-Bank “gleich sicher” erscheinen lässt?

 

Europäische Einlagensicherung – Moral Hazard par excellence

 

Wenn wir bei unserem Beispiel bleiben, wird es zukünftig keinen Mechanismus mehr geben, der dem Institut bei immer höher eingegangenen Risiken (zum Beispiel durch den Ankauf von Anleihen eines Staates, der nicht sehr solide aufgestellt ist)  die Refinanzierungsquelle in Form der Kundeneinlagen entziehen wird.

Warum sollte ein Anleger auch auf 4% auf seine Spareinlagen verzichten, wenn sein Geld dort durch das gleiche System geschützt ist, welches auch die solide Bank mit der Null vor dem Komma schützt. Und was sollte die Manager der Banken, die von diesem System profitieren, davon abhalten die Risiken auszuweiten und so die Erträge zu steigern?

 

Europäische Einlagensicherung - Moral Hazard
Europäische Einlagensicherung – Moral Hazard

 

Die Einlagensicherung für die Eurozone ist gut gedacht

 

Das eigentliche Ziel, dass jeder Europäer zukünftig nicht um sein Geld bangen muss (bis 100.000 Euro) ist sicher eine gute Idee, allerdings – Gute Absichten gewährleisten noch keine guten Ergebnisse.

Die zu erwartenden Auswirkungen werden wohl vor allem kleinere deutsche Banken und Sparkassen treffen, die einen starken regionalen Bezug haben und so kein größeres EU Geschäft unterhalten. Diese Institute werden vergleichsweise magere Renditen in Spareinlagen zahlen bei vergleichbaren Risiken (bis zu 100.000 Euro). Damit dürfte der nächste Umverteilungsmechanismus in der EU installiert sein, der auf der einen Seite stabile Institute schwächt und auf der anderen Seite die Refinanzierung für Krisenstaaten erleichtert.

Auch ohne Eurobonds dürften diese Schritte nach und nach zur kompletten Haftungsübernahme von jedem gegen jeden vorantreiben und damit ein riesiges künstliches Konstrukt schaffen.

Europäische Einlagensicherung: Was bedeutet sie für deutsche Sparer?

 

Fazit – Gefahr durch die europäische Einlagensicherung

 

Wie die Geschichte uns bereits oftmals zeigte (zuletzt im Euro gegen den Schweizer Franken und der SNB), haben solche Konstrukte durch Willkür geschaffen die Eigenschaft früher oder später zu Sprengstoff zu werden. Dabei sind die Auswirkungen die dieser Artikel liefert, sicher nicht die einzigen die zu erwarten sind. Und wer ernsthaft glaubt, dass der Weg zurück möglich ist, der verkennt das Problem der versunkenen Kosten.

Bevor man sich eingestehen wird, dass diese Idee eine weitere Destabilisierung der europäischen Union darstellt, wird eher durch weitere Eingriffe im Nachhinein versucht werden die nicht gewünschten Auswirkungen zu beheben. Allerdings werden so wahrscheinlich weitere nicht gewollte Auswirkungen geschaffen.

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2 Kommentare zu Europäische Einlagensicherung – Moral Hazard par excellence

  1. Ernst-Ludwig von Thadden macht in seinem Artikel „Lernt von Griechenland“, erschienen in der Zeitschrift „Die Zeit“ vom 17. Dezember 2015, den verblüffend einfachen Vorschlag: „Eine europäische Finazaufsicht mit EU-weiten Durchgriffsrechten und echter Finanzkraft“ solle in Union mit dem ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) aufgebaut werden. Dazu müsse der Finanzaufsicht das Recht eingeräumt werden, „ausgewählte Banken direkt zu rekapitalisieren und gegebenenfalls zu verstaatlichen oder ganz zu schließen“.

    Zusätzlich sei es erfoderlich,

    1. den „Aufkauf nationaler Schuldtitel durch Bankenzu begrenzen“
    2. einem „begrenzten Transfer weiterer nationaler Souveränität“ zuzustimmen
    3. in diesem Sinne „vermutlich die römischen Vertäge zu ändern“.

    Die Trennung von Finanzausicht (EU) und Finanzmarktregulierng (national) würde dadurch aufgehoben. Dafür kann die Eurozone zukünftig auf eine Instituionalisierung von Wirtschafts- und Sozialregierung verzichten.

    Ein weiterer Vorschlag von Thaddens zielt auf die Stationierung der neuen europäischen Finazaufsicht in London, weil sich Großbritannien als „kompetent im Umgang mit Finazmärkten“ erwiesen habe. Ferner sei es sinnvoll „die Finanzaufsicht nahe an den Hauptakteuren“ zu platzieren. Ganz nebenbei würde dieser Schritt wohl dazu führen, dass die Briten gegen einen Verbleib in der Union stimmen.

    • Ja, das Thema mit „echter“ Finanzkraft ist vor allem wichtig in dem Bezug. Zahnlose Hunde können das Grundstück nicht wirklich beschützen. Allerdings ist auch die Art und Weise des „Eingriffs“ dann wichtig. Immer nur schnell und heftig wenn nötig. Ich schreibe dazu gerade einen neuen Artikel.

      Zum Thema Schuldtitel der Staaten:

      Sollten Banken dort keine Grenze (gern durch EK Unterlegung) bekommen, geht die gesamte Idee der EU fürchterlich in die Hose, da bin ich mir recht sicher.

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