Die Mutter aller Krisen – Schicksalsjahre eines Geldsystems

Es sind nun bereits acht Jahre seit dem Finale der letzten Bankenkrise vergangen. Viele der großen Indizes stürmen von einem Hoch zum nächsten. Gerade der Kapitalmarkt hat seit dem Tief im Jahre 2009 eine wahre Rallye hingelegt. Aber auch die reale wirtschaftliche Erholung ist ohne Zweifel vorhanden, wenngleich es ihr an der Dynamik des Aktienmarktes fehlt.

 

Dieser Umstand kann vor allem mit der neuen Realität am Zinsmarkt erklärt werden und war schon oft Thema hier auf Trading-Treff. Auch die Probleme der extrem niedrigen Zinsen und der über lange Zeit sehr flachen Zinsstrukturkurve wurden ausführlich angesprochen. Nun ist es meines Erachtens an der Zeit, sich um konkrete Prognosen zu bemühen. Unterstützen Sie dies mit Ihrer Meinung!

 

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Das Bankensystem im Wandel – Investmentbanken brauchen Volatilität

Gerade gestern konnte man etwas Interessantes im Handelsblatt lesen. Die Gewinne von Goldman Sachs stagnieren. Wie das Handelsblatt berichtet, sind die Einnahmen aus dem Handel mit Anleihen, Währungen und Rohstoffen zuletzt schwach. Dass in „künstlich beruhigten“ Märkten wie dem aktuellen Anleihemarkt keine Wunder in der Handelstätigkeit zu erwarten sind, versteht sich von selbst.

Eine Investmentbank wie Goldman Sachs lebt von der Volatilität und der Größe eines freien Marktes. Volatilität und Freiheit der Kapitalmärkte sind allerdings aktuell nicht gerade im Übermaß zu finden. Allerdings profitiert eine Investmentbank von den tiefen Zinsen aufgrund der anderen Tätigkeiten unter ihrem Dach. Doch wie sieht es im klassischen Bankgeschäft aus?


 

Das Bankensystem im Wandel – klassische Banken werden torpediert

Geschäftsbanken im eigentlichen Sinne sind aktuell besonders betroffen. Das aktuelle Zinsniveau drückt auf das Zinsergebnis der Banken. Nachdem die Finanzkrise mit der folgenden dramatischen Zinssenkungsrunde (in Europa sogar unter Null Prozent für Einlagen) nun bald 10 jährigen Geburtstag feiert, werden die ersten Ausläufer einer riesigen Problematik bald zu sehen sein.

Die Geldanlagen im Eigenhandel der Banken, die noch höhere Kupons aus einer besseren Zeit hatten, laufen nach und nach aus. Das Zinsergebnis bricht nach und nach weg. Zusätzlich ist eine Fristentransformation nur noch sehr begrenzt möglich. Die Steilheit der Zinsstrukturkurve ist dafür nicht ausreichend.

 

Exkurs:

Die Fristentransformation wird oftmals als Umwandlung von hereingenommenen kurzfristigen Geldern in langlaufende Kredite bezeichnet. Den Lesern von Trading-Treff ist natürlich bewusst, dass das so nicht richtig ist. Langlaufende Kredite erzeugen durch ihre Aufnahme in einem Kreditinstitut die kurzlaufenden Einlagen. Ein Kreditinstitut verleiht kein Giralgeld aus der Passivseite, sondern erzeugt es durch die Gegenbuchung zum Kredit. (Siehe Artikel von ORBP zur Geldschöpfung)

 

Weiterhin schrumpfen die Spreads für Risiken am Zinsmarkt. Dieser Umstand ist ebenfalls eine schlechte Nachricht für Banken, denn Risiken werden so nicht mehr adäquat bezahlt. Jedes Kreditgeschäft hat ein gewisses Risiko. Wird dieses Risiko aufgrund der Situation an den Märkten nicht ausreichend bepreist, kauft man sich heute die Probleme von Morgen ein.

 


 

Wie steuern Banken gegen?

Viele Banken könnten natürlich versucht sein, einen Teil der schon heute kalkulierbaren Probleme aus den oben beschriebenen Umständen, zukünftig mit dem Provisionsgeschäft auszugleichen. Die Erhöhung von Kontoführungsgebühren oder das Provisionsgeschäft in der Anlageberatung wären dabei probate Mittel. Allerdings gibt es auch an dieser Stelle Grenzen, denn die jüngere Generation ist bei weitem nicht mehr so auf eine Hausbank fokussiert, wie es die ältere Generation einmal war. Dadurch sind Gebührenerhöhungen, die betriebswirtschaftlich nötig sind, durchaus ein heikles Thema.

Gebühren in der Anlageberatung sind ebenfalls nicht ohne weiteres zu steigern. In Zeiten des Nullzinses tendieren viele vermeidlich sichere Anlagen (wie zum Beispiel offene Immobilienfonds) mit Ihren Renditen immer weiter Richtung Nulllinie. Einen Ausgabeaufschlag von 5 Prozent zu vereinnahmen ist in solchen Zeiten zumindest schwieriger als in Zeiten mit einer Performance von über 5 Prozent pro Jahr.

Zusätzlich schreitet die Digitalisierung auch in der Anlagen-Branche voran. In einem Artikel hier auf Trading-Treff berichteten wir bereits über das Geschäftsfeld der Robo-Advisor. Diese Konkurrenz wird in meinen Augen aktuell völlig unterschätzt. Immerhin sind die Einstiegshürden für eine solche Anlage bereits sehr tief und fallen tendenziell weiter.

 

Aktueller Blick aus und auf Frankfurt

 

Bankenkrise – aufgeschoben, nicht aufgehoben

Für die Bankenlandschaft wird es in den nächsten Jahren schwieriger, soviel kann aus heutiger Sicht bereits festgehalten werden. Wir haben eine lange Phase der wirtschaftlichen Erholung hinter uns und es gibt sicherlich weiterhin Anhaltspunkte, die auch Optimismus verbreiten könnten. Aber wer unser Geldsystem versteht, der weiß, dass Wirtschaftswachstum und neue Spareinlagen keine vom Himmel fallenden Dinge sind, sondern dass das Bankensystem diese erst ermöglicht.

Da es an dieser Stelle kaum echte Reformen gab – geschweige einer Aufklärung der Bevölkerung über die Funktionsweise des Bankensystems – kann ich schon heute die Prognose wagen, dass die nächste Bankenkrise die Mutter der Bankenkrisen werden wird. Die erscheint zumindest aus heutiger Sicht fast unvermeidbar.

 

Warum wir Helikoptergeld brauchen

 

Natürlich gibt es weiterhin die Möglichkeit, dass System zu verbessern. Allerdings gibt es aktuell keine Spur von ernsthaften Versuchen, die auf realistischen Annahmen beruhen. Auch auf Trading-Treff wurde bereits ein möglicher Vorschlag zur Lösung des Krisenkapitalimus ausgearbeitet (siehe -> Partizipalismus).

Allerdings sind weltweit keine großen Schritte in die richtige Richtung zu erkennen. Daher darf der aufgeklärte Bürger mit Sorge auf das Geldsystem schauen. Panik ist allerdings unangebracht. Diese wäre nur ein schlechter Ratgeber und auch zu kurzsichtig. Denn auch die nächste Bankenkrise werden wir überstehen – egal wie schlimm diese auch sein wird. Die Schritte zur Rettung werden radikaler als die nach der letzten Krise. Allerdings wäre es wünschenswert, dass es gar nicht zu dieser kommen müsste, doch an der Stelle fehlt mir der Glaube…

Ihr Martin Kronberg

Über Martin Kronberg 146 Artikel
Martin Kronberg recherchiert kritisch an der Basis der Finanzmärkte. Dabei werden nicht nur Themen aus dem Bereich Trading, sondern auch andere wirtschaftliche Zusammenhänge erörtert. Auf anderen Portalen tritt Martin Kronberg stellvertretend für die Autoren des Trading-Treff auf.

4 Kommentare zu Die Mutter aller Krisen – Schicksalsjahre eines Geldsystems

  1. eine Währungsreform mit der Streichung von 4 Nullen wird uns bald über Nacht ereilen, da alle Rettungsversuche Makulatur sind und nichts mehr bewirken können. alle Banken haben ihre Bilanzen wie vom IWF gefordert bis heute nicht berichtigt- und saniert. sie wissen auch genau, dass keiner einen Wert über 0,1 hat! wer das versteht, weiß wovon ich schreibe.

  2. Danke für das Feedback Daniel. Ganz genau so sehe ich es auch. Der Leitzins selbst ist nicht das Hauptproblem. Immerhin reichen immer mehr Banken den Negativzins weiter. Das Hauptproblem ist die Strukturkurve und wie du schon sagst, ist dort die Masse an Geld im System das Problem und nicht der Leitzins.

    Näheres kann womöglich heute der EZB-Präsident beantworten. Wir müssten nur zur Pressekonferenz durchdringen…

    Martin Kornberg

  3. Schöner Artikel. Vielleicht hätte man noch die aktuelle Wende in der Geldpolitik der Notenbanken miteinbauen können. Den Notenbanken ist die angesprochene Problematik natürlich bewusst und eine Normalisierung der Geldpolitik unbedingt notwendig. Die FED hat den Kurs bereits eingeschlagen und die EZB wird dem folgen. Hierbei geht es aber weniger um den Leitzins sondern mehr darum, dass Geld aus dem Markt zu bekommen. Deswegen werden auch alle heute Nachmittag auf das Wort „Tapering“ genau achten. Aber bis dahin ist es noch ein sehr langer Weg. Ob sich dann die Hausse am Aktien- , Anleihe- und Immobilienmarkt fortsetzt, wird sicherlich spannend werden. Aber wie heißt es so schön: Hinterher sind wir alle immer schlauer.

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